Patentübersetzungen?

von | 28. Mrz. 2016

Heute möchte ein besonderes Thema anschneiden, nämlich das der Patentübersetzungen. Es handelt sich hier um eine besondere Sparte des professionellen Übersetzens, weil diese Art von Übersetzer-Service sowohl den Bereich der Fachübersetzungen Recht als auch Übersetzungen im Bereich Technik abdeckt.

Das bedeutet, dass nicht jeder Übersetzer diese Aufträge übernehmen kann und möchte. Auch ist die Herangehensweise an diese Art von Arbeit etwas anders als bei reinen juristischen oder ausschließlich technischen Übersetzungen.

Ein Patent setzt sich im Wesentlichen aus dem Hauptteil, seiner Beschreibung (im Englischen wie im Französischen „Description“), und den beigefügten Ansprüchen (im Englischen „Patent Claims“, im Französischen „Revendications“) zusammen, eventuell gefolgt von einer Zusammenfassung (im Englischen „Abstract“, im Französischen „Abrégé“). Dazu gehören noch die Zeichnungen, bezeichnet als „Figuren“ (im Englischen und im Französischen „Figures“) und eventuell eine Referenzliste, die im Allgemeinen nicht zu übersetzen ist.

In den meisten Fällen wird zunächst nur die Übersetzung der Patentansprüche benötigt. Diese Ansprüche nehmen Bezug auf die entsprechenden Figuren und deren Referenzzeichen. Selbstverständlich müssen diese Schlüsselbegriffe stets gleich übersetzt werden. Um die treffendste Übersetzung für jeden Begriff zu finden – und ein für alle Mal für alle Ansprüche (und später auch die Beschreibung) festzulegen, liest sich der Übersetzer alle Ansprüche durch und vergleicht sie mit den dazugehörigen Figuren. Hier kommt sein technisches Verständnis ins Spiel, ohne das es ihm unmöglich sein wird, zu verstehen, „wo der Nippel durch die Lasche gezogen wird.“

Er legt nun die Übersetzungen für die jeweiligen Schlüsselwörter fest – ich persönlich schreibe sie per Hand in der Zielsprache über den Text in der Ausgangssprache – damit ein „Gerät“ nicht mitten im Text zu einer „Vorrichtung“ oder einem „Apparat“ wird oder umgekehrt.

Erst nach dieser Vorbereitung beginnt die eigentliche Übersetzung – bei der der Übersetzer am besten alles vergisst, was er in seiner Ausbildung gelernt hat… Die Patentsprache mit ihren immer wiederkehrenden „dadurch gekennzeichnet, dass…“, ihren Wiederholungen und scheinbar doppelten Bezugnahmen, ihrer den Leser beinahe überfordernden Anhäufung von Gerundien und ihren ellenlangen Sätzen – die man im Gegensatz zu dem, was an der Universität gelehrt wird, NICHT UND NIE UND NIMMER trennen darf – erwecken bei einem Nichtfachmann den Eindruck, der Autor und / oder sein Übersetzer habe beim Verfassen Fieber gehabt…

Ungefähr 3 bis 4 Monate nach der Übersetzung der Patentansprüche wird die Übersetzung der Patentbeschreibung fällig – sofern die Übersetzung für das EPA, das Europäische Patentamt, und nicht für eine andere Firma, z. B. innerhalb einer Firmengruppe, bestimmt ist.

Und hier ist nun eine gute Ablage seitens des Übersetzers gefragt – denn wehe ihm, er benutzt nicht dieselben Ausdrücke wie in den Ansprüchen… Einheitlichkeit, Eindeutigkeit und Klarheit sind unabdingbar. Wie bereits oben ausgeführt, ist ein „Gerät“ keine „Vorrichtung“ oder gar ein „Apparat“. Es kommt vor, dass der Kunde einen dreisprachigen Titel seiner Erfindung vorgegeben hat. Hier sollte der Übersetzer unverzüglich prüfen, ob dieser Titel mit den darin vorgegebenen Fachbegriffen auch wirklich schlüssig ist, denn nicht alle Verfasser dieser Titel sind Muttersprachler….

Problematisch wird es, wenn der Übersetzer auf Patentansprüche zurückgreifen muss, die ein Kollege übersetzt hat – und dieses Werk, sagen wir einmal, nicht „ideal“ ist… Dann ist Rücksprache mit dem Kunden zu halten, um zu beraten, was zu tun ist.

Eine weitere Eigenart im Patentwesen: Das Zeilenformat (mit Zeilenzählung und Zeilenabstand) ist streng einzuhalten, die Seitenaufteilung allerdings nicht. So kann ein englisches Patent etwa aus 10 Seiten bestehen, seine Übersetzung ins Französische oder ins Deutsche aus 12 oder 14 Seiten.

Aufgrund dieser Besonderheiten ist beim Übersetzen von Patenten ein gewisser Aufwand notwendig, der technische Fachkenntnisse, Erfahrung und Zeit erfordert.

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